Kirche im 19 Jh. - vom Sueden aus gesehen

Die Kirche Peter und Paul

Patrozinium am: 29. Juni

2. Patron: hl. Erzengel Michael

Foto: Ansicht der Kirche vom Norden aus
Die Nordseite der Kirche
Foto: Kanzel
Die Kanzel
(Ende 17. Jh.)

Hinweise für Besucher

Vom Marktplatz aus sehen Sie schon die Fassade einer gotischen Kirche. Die Besichtigung dieser Gebetsstätte ist leider nicht immer möglich. Sie können zwischen 8 und 17 Uhr jederzeit durch ein Gitter am Hauptportal (unter dem Turm) das Innere betrachten, was - wie ich vermute - Sie nicht ganz zufrieden stellen wird. Ich habe einen Tipp für Sie: Um 18 Uhr findet die hl. Messe statt - halbe Stunde vor Beginn gibt es ein paar Minuten für Besichtigung dieses Gotteshauses. Ansonsten kann Ihnen ein Beerdigungs-Aushang an der Kirchenmauer die Zeit des Requiem verraten, nach oder vor welchem Sie auch mal hineinschauen können. (Ich darf an dieser Stelle nur erinnern, dass kurze Hose genauso unerwünscht sind wie das Fotografieren während eines Gottesdienstes.)

Architektur im Verlauf der Jahrhunderte

Foto: Altarraum
Der Altarraum
(Angebaut 1893
Umgestaltet um 1990)
Die Südostseite der Kirche
Ansicht der Kirche
aus Südwesten

Dieses - für so eine kleine Stadt - riesige Gotteshaus wurde auf der Stelle errichtet, wo früher eine kleinere Holzkirche stand. Untypisch ist der Bruch der Nord-Süd-Achse, die in den mittelalterliche Städten vom Rathaus direkt an das Hauptportal der Kirche führte. Dies hängt mit der Nutzung des Bogens des Flusses Alle als natürliche Stadtgrenze und Verteidigungslinie der Stadt. Da Heilsberg seit 1340 die Residenzstadt der ermländischen Bischöfe war beschloss man ein prachtvolles Gebäude für die Gottesdienste zu bauen. Es war eine chorlose 1 Basilika2 aus roten Ziegelsteinen in klassisch ostpreussischer Gotik. (Diese Theorie ist wissenschaftlich umstritten, doch die Brandspuren an der Ostseite des Turm lassen diese Spekulation zu.) Damit glich sie der Katedrale3 in Frauenburg am Frischen Haff. Ende des 14. Jh. baute man am "Fuß" der Kirche einen Turm. Nach dem Brand 1497 ehröhte man die Seitenschiffe auf gleiche Höhe, wie das Hauptschiff. Damit verwandelte man sie in eine Hallenkirche4. Der nächste Brand 1698 vernichtete das innere und das Dach der Kirche, sowie die Holzteile des Turmes. Das neugebaute Dach ist niedriger, als das bisherige, was man an der Ostseite des Turmes erkennen kann.1718 bedeckte man den Turm mit einem sog. Chelm, gekrönt mit der Figur des Erzengels Michael, des zweiten Patrons der Kirche. 1871-72 restaurierte man das Gotteshaus mit dem Ziel, das gotische Aussehen wiederherzustellen und es von den Einflüssen der verschiedenen Epochen zu befreien. Die Restauratoren des ausgehenden 19. Jahrhunderts waren damit anscheinend nicht zufrieden, da sie die Kirche um ein Stück verlängerten und ein Altarraum (mit zwei etwas niedrigeren Seitenaltären) hinzufügten. Als Hochaltar stellte man ein relativ kleines Triptychon im neogotischen Stil hin. Dahinter in die Wand baute man drei Buntfenster ein mit der Darstellung Jesu, des Gekreuzigten mit Johannes (dem sog. Lieblingsjünger) und Maria; darunter Jesaja, der auf einer Schriftrolle auf Jesus, den Messias, hinweist; über der Kreuzigungsgruppe ein Pelikan im Nest, der seine Kinder mit eigenem Blut ernährt5.

Hl. Andreas  - Buntfenster
Hl. Andreas
Hl. Adalbert  - Buntfenster
Hl. Adalbert

Zwei Fenster mit den Darstellungen des hl. Andreas des Patrons Ermlands und des hl. Adalberts von Prag, des ersten Missionars und Patrons Ostpreußens verlegte man in die "Turmkapelle" rechts des Haupteingangs. 1898 fügte man die Chorempore hinzu und ersetzte die Bänke. Nach dem Krieg ersetzte man das erste Seitenaltar durch ein Herz-Jesu-Altar anlässlich der 1000-Jahre-Feier der "Taufe Polens" (966). Nach der Wende investierte man viel Mühe und Geld um das Innere neu anzustreichen (im edlen Weiß) und das Dach zu bedecken, was finanziell kein leichtes Unterfangen war. Noch vor 1990 erweiterte und erhöhte man den Altarraum und bedeckte ihn mit Marmor (leider nicht ganz stilvoll).
Zusammengefasst: ein hohes gotisches Gebäude von 70 x 24 Meter (Länge x Breite) und 18 Metern Höhe im Innern und 25 Meter außen. Turm gebaut auf einem Viereck von 11 x 12 mit 66 Metern Höhe.

Die Kirche als Ort des Glaubens und des Gottesdienstes

Innenansicht der Kirche - 30er Jahre
Innenraum der Kirche
nach der Regotisierung
Fenster über dem Altar
Hochaltar - die Fenster

Eine der ersten und bedeutendsten liturgischen Handlungen erlebte Heilsberg in dieser Kirche wohl 1401, als der erste Heilsberger Bischof von Ermland wurde (Heinrich IV. Vogelsang). Danach feierte hier eine ganze Reihe ermländischer Bischöfe (bis 1792) Gottesdienste: zuerst in einem eher "frei gestalteten" und später, seit dem Trienter Konzil, (dessen einer der Moderatoren der Kardinal Hosius - Bischof von Ermland - war), nur im Triedentinischen Ritus.

Die Ausstattung

  • Zwei Figuren der Abendmahlsengel (Altarraum) von Christian Bernhard Schmidt aus Rößel (um 1770)
  • Die Kommunionbank, die etwas gewöhnungsbedürftig wenn auch nicht unpassend vor den neuen Altarraum (1980er Jahre ausgebaut und umgestaltet) gestellt wurde, stammt wohl aus dem vorherigen Altar (um 1760).
  • Im rechten = südlichen Seitenaltar neben dem Hauptaltar finden Sie ein in Silber verkleidetes Bild "Maria im Schnee". Die Figur der Hl. Anna auf der Spitze stammt aus dem XIV. Jh. und ist damit der älteste Teil der Ausstattung der Kirche.
  • Ein recht prachtvolles Fenster mit dem sog. "Gnadenstuhl"6 über Heilsberg wurde im Zuge der sog. Regotisierung (Umbau und Bereinigung von Einflüssen anderer Epochen in den 1890er Jahren) eingebaut.
    Davor ein Taufbrunnen aus dem 14. Jh.
  • Zweiter Seitenaltar wurde schon erwähnt - Herz-Jesu-Statue von 1966.
  • Weiter nach hinten im zweiten Teil der Kirche Altar "der Heiligen Familie" (17. Jh. nach italienischem Vorbild).
  • Dahinter der Erzengel-Michael-Altar mit Bild desselben über dem Teufel gestiftet von Bischof Szyszkowski nach der Verwüstung der Kirche in den Wirren des Nordkrieges (gegen Schweden).
  • Unter der Orgelempore Bilder der Mutter Gottes und Christus, des Weltenherrschers (wohl aus dem 19. Jh.)
  • Das wohl aus Italien stammende Bild "die Geburt Jesu" in einer der Turmkapellen war Bestandteil des Hauptaltars von Bischof Simon Rudnicki (gestiftet 1605).
  • Die Bild der Kreuzigung, des Hl. Adalberts, Huldigung der drei "Könige" und der Heimsuchung Mariens - ebenfalls in den Turmkapellen - lassen sich geschichtlich ihrer früheren Bestimmung nicht zuordnen. Sehenswert sind die Buntfenster mit der Darstellung des Hl. Andreas und des Hl. Adalberts in der südlichen Abseite.
  • Die bemalten und verzierten Beichtstühle werden auf 1710 datiert.
  • Im nördlichen Seitenschiff Altar mit dem Bild des hl. Bischof Valentin von Terni (genannt "Valentin von Räten") zu dessen Füssen ein kranker liegt - eine typische Darstellung für den Patron der Epileptiker.
  • Am nächsten Pfeiler Altar mit dem Bild der "Maria Selbdritt" (mit Jesuskind und ihrer Mutter - Hl. Anna). Es trägt Züge italienischer Schule und stammt aus dem 17. Jh.
  • An den Wänden sehen Sie viele Bilder von riesigen ausmaßen mit der Darstellung der Apostel, des hl. Franziskus (mit Stigmata - den Wunden Jesu) und des Salvators.
  • Figuren der Apostel (Hl. Andreas, Hl. Johannes, Hl. Lukas, Hl. Markus) an den Pfeilern im Hauptschiff sowie die Figuren des Hl. Petrus und des Hl. Paulus im Altarraum stammen wahrscheinlich aus einem früheren barocken Altar.
  • Die klassizistische Kanzel stammt aus dem Ende des 17. Jh.
  • Die Orgel hat keinen historischen Wert.

In der Umgebung...

... finden Sie im Norden das Tor zur Kirchenstraße. Darin befand sich die "Totenglocke" (gebaut um 1770). Das frei stehende Missionskreuz stammt aus der Zeit nach dem II. Vatikanischen Konzil und soll an die Volksmissionen (religiöse Rückbesinnung der Gemeinde) erinnern. Des Weiteren: das Kreuz und die Säule mit der Figur der Mutter Gottes vom Berg Karmel (zu erkennen am Skapulier in der Hand) an der Nordwand der Kirche.
Die einstöckigen Gebäude im Süden dienten als Schule und Pfarrhaus (bis heute). Über die Alle in Richtung des Eckhartsberges wurde im 19. Jh. die Kopernikus-Brücke errichtet. Das Kirchentor (eines der zwei abgetragenen Stadttore) mit der Brücke über die Alle ist am Missionskreuz anzusiedeln, wo die alte Brücke bis heute steht.
Die Straße, die vom kleinen Turm (mit der Totenglocke) zum Schloss führt, verläuft entlang der Mauern des Pfarrhofes und des Klosters der Katharinenschwestern - eines "aktiven" (d.h. charitativ tätigen) Ordens aus der Reformationszeit, dessen Ursprung in Ermland liegt. Gegründet wurde er durch die selige Regina Protman aus Braunsberg. Die Spuren der fürsorglichen Tätigkeit der Schwestern finden Sie in ganz Ermland und in der ganzen Welt. Ein Altenheim der Katarinenschwestern stand direkt hinter der Kopernikus-Brücke (heute Gemeindeamt). Wegen des besonderen Gesellschaftstandes durften sie lange Zeit der Messe auf der kleinen Empore im linke Seitenschiff beiwohnen.

Leuchter
Leuchter
Bild - die Hl. drei Koenige
Die Heiligen drei Könige
Bild - Maria vom Rosenkranz
Maria vom Rosenkranz
Die Kreuzigung
Die Kreuzigung
Rechtes Seitenaltar -  Maria im Schnee
Altar "Maria im Schnee"
Foto: Figur der Hl. Anna
Figur der Hl. Anna im
Altar "Maria im Schnee"
Gnadenstuhl - Buntfenster
Gnadenstuhl über Heilsberg
Foto: Abendmahlsengel
Abendmahlsengel
Foto: Seitenaltar - Hl. Familie
Altar der Hl. Familie
Foto: Seitenaltar - Hl. Erzengel Michael
Erzengel-Michael-Altar
Foto: Alter Glockenturm
Der Glockenturm

Glossar

1 Chor(raum) – (sog. Altarraum) längere Absis, in dem ein "Chor" (Kanoniker, Ordensleute oder sonstiger Klerus) ihr Chorgebet (=Brevier, Stundengebet) am Morgen und am Abend in zwei einander gegenüberstehenden Chören gesungen haben.

2 Eine Basilika (als Baustil) charakterisiert eine Kirche mit einem Mittelschiff, das höher ist als die Seitenschiffe und kleine Fenster besitzt (z.B. der Dom zu Speyer).

3 Kathedrale – die Bischofskirche, auch Dom genannt - eigentlich: Katheder = "der Sitz" des Bischofs.

4 Als Hallenkirche bezeichnet man eine Kirche, in der alle Schiffe gleiche Höhe haben.

5 Der Pelikan – Ein uraltes christliches Bild der Selbsthingabe Jesu, die bis heute in der hl. Eucharistie = seinem Leib als "geistlicher Nahrung" gegenwärtig ist.

6 Gnadenstuhl – Eine Art der Darstellung der Dreifaltigkeit: Gott-Vater seinen gekreuzigten Sohn haltend, meist zwischen Ihnen die personifizierte Liebe dieser beiden - der Heilige Geist in biblischer Gestalt einer Taube.

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